VIII, 2025/1

Elisa Furlan, Francesco G.B. Trolese (eds.)

Dalla Riforma di S. Giustina alla Congregazione Cassinese

Review by: John Hinderer

Editors: Elisa Furlan, Francesco G.B. Trolese
Title: Dalla Riforma di S. Giustina alla Congregazione Cassinese. Genesi, evoluzione e irradiazione di un modello monastico europeo (sec. XV-XVI)
Place: Cesena
Publisher: Centro Storico Benedettino Italiano
Year: 2022
ISBN: 9788898104192
URL: link to the title

Reviewer John Hinderer - Ludwig-Maximilians-Universität München

Citation
J. Hinderer, review of Elisa Furlan, Francesco G.B. Trolese (eds.), Dalla Riforma di S. Giustina alla Congregazione Cassinese. Genesi, evoluzione e irradiazione di un modello monastico europeo (sec. XV-XVI), Cesena, Centro Storico Benedettino Italiano, 2022, in: ARO, VIII, 2025, 1, URL https://127.0.0.1/issues/2025/1/dalla-riforma-di-s-giustina-alla-congregazione-cassinese-john-hinderer/

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Der vorliegende von Elisa Furlan und Francesco Giovanni Battista Trolese herausgegebene Sammelband ist das Ergebnis der Tagung zum 600. Jubiläum der Kongregation von S. Giustina in Padua, die vom 18.-21. September 2019 ebendort begangen wurde. In 27 Aufsätzen versammelt die Publikation Beiträge zur Geschichte der Kongregation (nach der Inkorporation Montecassinos 1504 „Kassinensische Kongregation“) und der Einflüsse ihres institutionellen Modells im 15. und 16. Jahrhundert. Die Beiträge selbst lassen sich, wie Nadia Togni in ihrer Zusammenfassung am Ende des Bandes (S. 745-757) ausführt, in sechs thematische Bereiche unterteilen. Aufgrund ihrer Vielzahl kann nicht auf jeden der Aufsätze näher eingegangen werden.

Erstens werden einleitende Ausführungen zum historischen Hintergrund der Reform im 15. Jahrhundert gegeben. Dies umfasste sowohl Mechanismen, um die Kommende zu überwinden und päpstliche Privilegien zu erhalten (G. Andenna, S. 1-16), als auch die Entwicklung der Kirche von S. Giustina im Früh- und Hochmittelalter (F. Veronese, S. 17-54).

Zweitens wird die Entwicklung der Kongregation und ihre Ausbreitung im 15. Jahrhundert fokussiert. Francesco G.B. Trolese zeichnet dafür die Reformtätigkeit Ludovico Barbos und die institutionelle Entwicklung der Kongregation in den ersten Jahrzehnten nach (S. 157-187). Besonderes Augenmerk liegt auf der Krise der Institution in den 1420er Jahre, in deren Folge die Abteien S. Giorgio Maggiore in Venedig und S. Maria „La Badia“ in Florenz den Verband verließen. Hierbei wird die Edition der Briefe des Florentiner Abtes Gomes Eanes[1] ausführlich einbezogen. Sie stellt eine wichtige Ergänzung zur bisherigen Forschung über diese Episode der Kongregationsgeschichte dar. Giovanni Spinelli analysiert statistisch die Inkorporationen des 15. und 16. Jahrhunderts (S. 213-220), während Luca Ceriotti die Karrierewege der Äbte inkorporierter Klöster quantitativ und qualitativ untersucht (S. 429-451). Die Spiritualität der Kongregation wird exemplarisch an Niccolò di Prussia skizziert (G. Scannerini, S. 411-427).

Drittens beleuchten vier Artikel die Entwicklung der Kongregation nach Angliederung Montecassinos und markieren die damit einhergehenden Umbrüche wie etwa die Verschiebung des geographischen Schwerpunkts in Richtung Mittel- und Süditalien. Mariano Dell’Omo skizziert die Rolle der Abtei Montecassino im Verband vor und nach dem Konzil von Trient. Gesondert geht er auf die den Reformklöstern unterstellten Nonnenkonvente ein, deren Visitation von einem Konzilsdekret von 1563 ausdrücklich angeordnet wurde. Im Anhang versammelt er Quellen zur Visitation der Klöster im 16. Jahrhundert (S. 189-212). Die weiteren Beiträge widmen sich der Ausbreitung des Verbandes und der Spiritualität als verbindender Kraft (F. Lovison, S. 467-511), der Auseinandersetzung der Reformer mit Protestantismus und Humanismus (V. Vozza, S. 513-545) sowie der Bedeutung des Trienter Konzils für die Identitätssuche der Kongregation (M. Al Kalak, S. 453-466).

Viertens geht es um Reformbewegungen, mit denen die Kongregation von S. Giustina im 15. Jahrhundert in Beziehung stand. Das umfasst die Olivetaner (M. Tagliabue, S. 55-76), die Kamaldulenser (U. Cortoni, S. 131-156), die Vallombrosaner (F. Salvestrini, S. 231-265), die Silvestriner (U. Paoli, S. 267-338) und die zisterziensischen Reformen von Kastilien und S. Bernardo in Italien (S. Paciolla, S. 339-358). Als einzige beschäftigt sich Alessandra Bartolomei Romagnoli mit weiblichen Religiosen. Die Autorin konzentriert sich auf Dominikanerinnen und Klarissen sowie allgemeine Überlegungen zur Entwicklung der Frauenklöster im 15. Jahrhundert, denen sie eine größere Autonomie als den männlichen Pendants attestiert. Leider finden keine Frauenkonvente Berücksichtigung, die in direkter Beziehung zur Reform von S. Giustina standen (S. 77-114).

Fünftens werden Reformen außerhalb Italiens fokussiert, die von S. Giustina beeinflusst wurden. Die Reformen von Kastl und Melk waren stärker als andere von den Universitäten beeinflusst, bildeten jedoch nie eine kongregationale Struktur aus (F.X. Bischof, S. 115-129). Dies war wiederum bei den französischen Verbänden von Chezal-Benoît, Saint-Vanne und den Maurinern der Fall (T. Barbeau, S. 221-229). Die dalmatische Kongregation von Meleda schloss sich S. Giustina nie an, war aber mit ihr durch von dieser entsandte Äbte und Visitatoren personell verbunden (N. Togni, S. 359-410).

Sechstens werden die künstlerischen und architektonischen Neuerungen durch die Reform aufgezeigt. Die Liturgica wurden von der Kongregation schrittweise vereinheitlicht, was auch die Vereinfachung von Melodien beinhaltete (A. Lovato, S. 613-671 mit ausführlichem tabellarischem Anhang), wobei die frühesten Druckausgaben erst auf das Ende des 15. Jahrhunderts datieren (E. Barbieri, S. 577-611). Noch im Lauf des 16. Jahrhunderts unternahm die Kongregation Bemühungen, die Manuskripte inventarisieren und zensieren zu lassen (R. Rusconi, S. 547-575). Zumindest bei den Hymnen fiel es den reformierten Klöstern nicht leicht, der Vereinheitlichung zu Ungunsten der eigenen Traditionen zu folgen (G. Baroffio Dahnk, S. 673-700). Diese Tendenz zeigte sich auch in der Buchmalerei, die im 15. Jahrhundert auf die regionalen Künstler zurückzuführen ist, sich im 16. Jahrhundert jedoch der mittelitalienischen, an Raffael orientierten Buchkunst anglich (F. Toniolo, S. 731-744). In der Malerei griffen die Äbte nicht nur auf lokale, sondern auch auf in anderen Kongregationsklöstern operierende Künstler zurück, wie Pierluigi Leone de Castris an einigen süditalienischen Abteien zeigt (S. 717-729). Gianmario Guidarelli behandelt das Bauprogramm der Kongregation, das sich etwa im Vorrang von Refektorium und Dormitorium bei der Renovierung der Konvente spiegelte (S. 701-716).

Register für archivalische Quellen, Personen und Orte beschließen den Band, was seine Handhabung erheblich erleichtert. Die Publikation zeichnet sich durch eine hohe inhaltliche und disziplinäre Bandbreite aus, die neben der Ordens- und Kirchengeschichte statistische Methoden, Handschriftenkunde, Liturgiewissenschaft, Kunst- und Architekturgeschichte etc. beinhaltet. Dadurch werden zahlreiche Kontinuitäten und Brüche in der epochenübergreifenden Entwicklung der Kongregation deutlich. Damit stellt der Band eine sinnvolle – chronologische und räumliche – Ergänzung des ersten Sammelbandes zum Thema aus dem Jahr 1984[2] dar. Mitunter weisen die Beiträge keinen direkten Bezug zur hier in den Mittelpunkt gestellten Reformkongregation auf. Zudem wären Vergleiche mit weiteren europäischen Reformen oder Frauenklöstern interessant gewesen. Dass noch mehr Perspektiven den Rahmen jedoch endgültig gesprengt hätten, bemerken die Herausgeber zu Recht selbst in ihrer Einleitung (S. VII). Da eine vielschichtige Publikation zum Reformverband vorliegt, die zahlreiche Anknüpfungspunkte für zukünftige Studien anbietet, ist ihr eine intensive Rezeption in der länderübergreifenden und vergleichenden Ordensgeschichte zu wünschen.

 

[1] R. Costa-Gomes (Hg.), A Portuguese Abbot in Renaissance Florence. The Letter Collection of Gomes Eanes (1415-1463), Florence, Olschki, 2017.

[2] F.G.B. Trolese (Hg.), Riforma della chiesa, cultura e spiritualità nel Quattrocento veneto. Atti del Convegno per il VI Centenario della Nascita di Ludovico Barbo (1382–1443), Padova, Venezia, Treviso 19–24 sett. 1982, Cesena, Badia di Santa Maria del Monte, 1984.

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